Sonntag, 24. Februar 2013

Jerusalem, Jerusalem!

Zwei Tage Jerusalem. Eigentlich viel zu wenig, um eine Stadt wirklich kennenzulernen. Und doch gibt es so viel zu erzaehlen, dass man schon nicht mehr weiss, wo man anfangen soll.

Wir sind am Freitag morgen zu fuenft losgefahren: John, Valentin, Ich und Motty mit seiner Freundin Loreen. Der erste Eindruck war erstmal: wow, was fuer eine alte und perfekt erhaltene Stadt! Es gibt keine Autostrassen in der Altstadt, sondern nur enge Gassen, von denen die wenigen, die einigermassen geradeaus fuehren, auch noch komplett als Basare genutzt werden.
typische Gasse im christlichen Viertel
Viele Strassen sind so ueberbaut, dass sie eher unterirdischen Tunneln gleichen, vor allem im christlichen und arabischen Viertel. Das juedische Viertel, dass im Krieg von 48 zerstoert wurde, wirkt dagegen geradezu steril.
Die Grenzen innerhalb der Stadt sind de4utlich zu spueren. Nur in den christlichen und juedischen Vierteln sieht man Frauen ohne Kopftuecher und Maedchen, die auf der Strasse spielen. Und da, wo Juden Haeuser in den arabischen Vierteln gebaut haben (oft unter widerrechtlicher Aneignung und ruecksichtslosem Abriss der alten Haeuser) markieren sie diese Enklaven mit einem Meer aus israelischen Flaggen.

clevere Werbung auf dem Shuq




 
Trotzdem habe ich mich total wohl gefuehlt, auch wenn ich gut verstehen kann, wenn Loreen, die ein Jahr in Jerusalem gelebt hat (nachdem sie aus Australien immigriert ist), sagt, dass Jerusalem vor allem eine unglaublich anstrengende Stadt zum Leben sei. Mir war das laute Gewuehle des Shuqs am Ende auch ein bisschen zu viel und bin lieber einen laengeren Weg durch ruhigere Gassen gegangen.

kunstvolle Inszenierung auf dem Shuq
soll bloede Touris anlocken. Hat funktioniert.
Alltag oder Terrorcamp?
Loreen wusste natuerlich, wo man die besten Fallafel essen kann!

Allgegenwaertig ist natuerlich die Religion. Hier ist der Kontrast zu Tel Aviv einfach absolut. Orthodoxe Juden, Muslime, oft mit Gebetsketten, verschleierte Frauen (keine Burkas!), orthodoxe, roemische, armenische Moenche, Nonnen, und dazwischen sandalenbewehrte Pilger aus aller Herren Laender. Man koennte Seiten ueber Seiten darueber schreiben!

Motty ist observanter Jude (d.h. er befolgt die Gebote, ist aber kein Ultraorthodoxer) und wir haben nahtlos an unseren tiefen interreligioesen Dialog von vor vier Jahren anknuepfen koennen. Wir waren natuerlich an der Klagemauer und haben dort gebetet, und dann sind wir ein Stueck der Via Dolorosa gefolgt und haben die Grabeskirche besucht. Ich haette nicht gedacht, dass mich dieser Ort so packen wuerde, sogar trotz der Pilgerscharen..

Die Kapelle ueber dem Golgotha-Felsen
Leider mussten Loreen und Motty dann schon wieder zurueck nach Tel Aviv, weil der Shabat begann wo sie ja nicht mehr reisen duerfen. John und Valle sind auch mitgefahren, weil sie Jerusalem schon kannten. Ich wollte jedoch noch bleiben, vor allem, um eine Nacht in der Grabeskirche zu verbringen, was Dank der Vermittkung eines Bundesbruders moeglich war, der in der als Franziskaner im Kloster der Grabeskirche gelebt hat. Es war wirklich etwas ganz besonderes. Die Stille, die Leere, die Weite. Den Heiligen Orten ganz nah zu kommen, ganz fuer sich allein. Zu erleben, wie die sechs Konfessionen dort mit- durch- und sogar gegeneinander beten. Ein Geschenk.

Nach der Fruehmesse im Grab bin ich dann durch die stillen Gassen geschlendert. Auch etwas ganz besonderes. Der Kontrast zu tagsueber koennte kaum groesser sein.
Die Stadt war total menschenleer. Bis auf den alten Mann, der offenbar die allgegenwaertigen Katzen fuettert und frierenden Pilgern heissen Tee verkauft (uebrigens den besten, den ich je getrunken habe - zumindest subjektiv!)


Auf dem Weg zur Stadt hinaus traf ein eine Gruppe russischer Pilgerinnen die offenbar ihre Gruppe verloren hatten und auch sonst "totally lost" waren. Auch wenn wir kein einziges gemeinsames Wort sprachen, konnte ich Sie zur Grabeskirche bringen wo Sie ihre Gruppe fanden. Spaeter, als ich vor der Dormitio ein paar Postkarten schrieb, tauchten Sie auf einmal wieder auf, dankten mir ueberschwaenglich und schenkten mir russische Schokolade - voll nett :)

Auf dem Oelberg wollte ich den Sonnenaufgang beobachten. Doch es war sehr diesig, und dazu noch kalt und windig. Brrr. Aber es wurde schnell besser, wenn auch sehr bewoelkt. Ich ging auf der Stadtmauer um die Stadt, besuchte verschiedene Kirchen (am Sahabt ist der Tempelberg leider geschlossen (da immer wieder Steine von oben auf die betenden Juden geworfen wurden..)), ass Oliven und Baklava und verschwelgte so den Tag.

Made my day: dieser junge Kater wartete in der St. Anna Kirche (die mir der tollen Akkustik auf mich) und wollte offenbar von mir mitgenommen werden. Das schien er mir zumindest zu verstehen geben zu wollen als er waehrend des Gebetes auf mich herauskletterte. Ich musste ihn natuerlich schweren Herzens vor dem Tabernakel zuruecklasdsen, wo er es sich offenbar normalerweise gemuetlich macht. Mitnehmen darf ich dafuer man bisheriges Lieblingsfoto der Reise.

Mein Stuetzpunkt fuer die Erkundung der Stadt war das oesterreichische Hospiz, eine Pilgerherberge und Oase der Ruhe mitten im arabischen  Viertel mit einem echten Wiener Kaffeehaus und einer gandiosen Aussicht vom Dach.

Hier traf ich mich spaeter auch mit David, Seminarist aus Mainz und Farbenbruder der gerade im Rahmen des Propaedeutikums zwei Monate im Heiligen Land verbringt. Wir kennen uns aus Bonn, wo er vier Monate ein Praktikum bei der Bischofskonferenz gemacht hat und freuten uns sehr ueber den Zufall, der uns an diesem Ort zusammengefuerht hatte (facebook sei Dank..). Da ja schon Sonntag war und ich daher nicht mehr fasten musste, sind wir im armenischen Viertel dann noch ein Bier trinken gegangen, bevor ich wieder zurueck nach Tel Aviv musste (Bars gibts in der gesamten Altstadt nicht. Aber wir haben ein huebsches Lokal gefunden wo wir gemuetlich sitzen konnten).

Heute waren wir dann Valles Tante besuchen in Herzliya, die dort eine Keramikkuensterlin ist und uns in ihrem urigen Kuenstlerhaus bewirtet hat. Valle wird ein paar Tage dort bleiben, und ich fahre morgen nach Tabgha!
Das naechste Mal melde ich mich dann wohl von dort! Bis bald!

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