Samstag, 2. März 2013

Atemholen in Tabgha

Leider waren es am Ende nur zweieinhalb Tage, die ich in Tabgha verbringen konnte. Aber die waren dafür wunderbar. Tabgha war das, was ich mir versprochen hatte: eine Oase der Ruhe und des Nichtstuns. Ich konnte lesen, beten, spazierengehen. Und mich zwischendurch natürlich weiter mit leckerem Gemüse (soo anders als hier!), Pita und Hummus vollstopfen ;)

Ich habe im Beit Noah gewohnt, sowas wie die angeschlossene Jugendherberge des Klosters, die auch Begegnungsstätte für Menschen mit und ohne Behinderungen aus Israel und Palästina ist. Um diese Jahreszeit war ich allerdings fast ganz alleine - bis auf die Seminaristen aus Münster, die wie die Freiburger in Jerusalem gerade auf Propädeutikumsfahrt dort waren und die Bibel lasen.
Zuerst wusste ich nicht, ob ich mich über die unverhoffte Gesellschaft freuen sollte oder ob ich mich um meine Einsamkeit gebracht fühlen sollte - ich habe mich dann doch für ersteres entschieden. Nette Jungs. Und wie gesagt haben sie meistens wie ich den ganzen Tag gelesen, wenn sie nicht Schach gespielt haben. Außerdem war es eine schöne Abwechslung mit ihnen zusammen zu beten, wenn mir das Chorgebet der Mönche doch mal zu langatmig war (wunderschön, aber auf die Dauer nix für mich).


Am zweiten Tag bin ich auch ein bisschen spazieren gegangen. Am See entlang nach Kafarnaum und dann hinauf auf den Berg der Seligpreisungen. Das Wetter war nicht nur wunderschön, sondern für meinen Geschmack schon fast zu heiß. Und ich habe mir in den wenigen Stunden einen ganz schönen Sonnenbrand zugezogen. Ich glaube, später im Jahr werde ich eher nicht nach Israel kommen o.0


Auf dem Weg nach Kafarnaum liegt die so genannte Primatskapelle, an der Jesus zu Petrus gesagt haben, dass er der Fels ist auf den er seine Kirche bauen will und dass er seine Schafe weiden soll. Neben der Kapelle steht eine Statue, die diese quasi erste Papstweihe in eine dramatische Szene umsetzt. Die Reaktion von Petrus scheint mir nur etwas übertrieben. So wie er uns in der Bibel geschildert wird, dürfte er in der Situation gar nicht begriffen haben, was diese Worte Jesu für ihn bedeuten. Aber wie das so ist bei solch alten Ortstraditionen, deren Historizität nicht mehr festzustellen ist: sie können einen dem Geschehen von damals näher bringen - und das ist schon viel.

Bei der Synagoge von Kafarnaum ist die Historität hingegen keine Frage. Dies ist wirklich einer der Orte, an denen Jesus gewirkt hat. Hier hat er gesessen und gepredigt, über diese Steine ist er gegangen. 
Beeindruckend.

Beeindruckend ist auch die Anlage auf dem Berg der Seligpreisungen.
Eine (von außen) wunderschöne Kapelle (innen italienische 80er) in einer grünen Oase mit grandiosem Ausblick über den See. Ein guter Ort zum Verweilen und die Mittagshitze abzuwarten.


Abends habe ich dann mit den Mönchen zu Abend gegessen und mich danach mit einem der Brüder unterhalten. Mein Papa hat nämlich mit Pater Jeremias zusammen studiert und er hat sich sehr über die Grüße gefreut. Am nächsten Tag musste ich dann leider schon früh aufbrechen um zurück nach Tel Aviv zu kommen und bei John meine Sachen aufzugabeln.

Am Flughafen war ich zwar zweieinhalb Stunden zu früh, die waren aber auch bis auf die letzte Minute notwendig um durch die paranoiden Kontrollen zu kommen. Allein fünfzehnmalige (sic!) Passkontrolle, sogar an der Kasse des Duty-Free-Shops! o.0
Immerhin traf ich in der Schlange zwei weitere Leidensgenossen (auch mit Backpack unterwegs=verdächtig!!) die lustigerweise beide Religionswissenschaft studierten (sich aber untereinander auch nicht kannten). Muss ich mehr sagen? ;)

Es war eine tolle Zeit, ich danke vor allem John für seine Gastfreundschaft und natürlich Gott für all die tollen Menschen, die ich wiedersehen oder kennenlernen durfte :)

Sonntag, 24. Februar 2013

Jerusalem, Jerusalem!

Zwei Tage Jerusalem. Eigentlich viel zu wenig, um eine Stadt wirklich kennenzulernen. Und doch gibt es so viel zu erzaehlen, dass man schon nicht mehr weiss, wo man anfangen soll.

Wir sind am Freitag morgen zu fuenft losgefahren: John, Valentin, Ich und Motty mit seiner Freundin Loreen. Der erste Eindruck war erstmal: wow, was fuer eine alte und perfekt erhaltene Stadt! Es gibt keine Autostrassen in der Altstadt, sondern nur enge Gassen, von denen die wenigen, die einigermassen geradeaus fuehren, auch noch komplett als Basare genutzt werden.
typische Gasse im christlichen Viertel
Viele Strassen sind so ueberbaut, dass sie eher unterirdischen Tunneln gleichen, vor allem im christlichen und arabischen Viertel. Das juedische Viertel, dass im Krieg von 48 zerstoert wurde, wirkt dagegen geradezu steril.
Die Grenzen innerhalb der Stadt sind de4utlich zu spueren. Nur in den christlichen und juedischen Vierteln sieht man Frauen ohne Kopftuecher und Maedchen, die auf der Strasse spielen. Und da, wo Juden Haeuser in den arabischen Vierteln gebaut haben (oft unter widerrechtlicher Aneignung und ruecksichtslosem Abriss der alten Haeuser) markieren sie diese Enklaven mit einem Meer aus israelischen Flaggen.

clevere Werbung auf dem Shuq




 
Trotzdem habe ich mich total wohl gefuehlt, auch wenn ich gut verstehen kann, wenn Loreen, die ein Jahr in Jerusalem gelebt hat (nachdem sie aus Australien immigriert ist), sagt, dass Jerusalem vor allem eine unglaublich anstrengende Stadt zum Leben sei. Mir war das laute Gewuehle des Shuqs am Ende auch ein bisschen zu viel und bin lieber einen laengeren Weg durch ruhigere Gassen gegangen.

kunstvolle Inszenierung auf dem Shuq
soll bloede Touris anlocken. Hat funktioniert.
Alltag oder Terrorcamp?
Loreen wusste natuerlich, wo man die besten Fallafel essen kann!

Allgegenwaertig ist natuerlich die Religion. Hier ist der Kontrast zu Tel Aviv einfach absolut. Orthodoxe Juden, Muslime, oft mit Gebetsketten, verschleierte Frauen (keine Burkas!), orthodoxe, roemische, armenische Moenche, Nonnen, und dazwischen sandalenbewehrte Pilger aus aller Herren Laender. Man koennte Seiten ueber Seiten darueber schreiben!

Motty ist observanter Jude (d.h. er befolgt die Gebote, ist aber kein Ultraorthodoxer) und wir haben nahtlos an unseren tiefen interreligioesen Dialog von vor vier Jahren anknuepfen koennen. Wir waren natuerlich an der Klagemauer und haben dort gebetet, und dann sind wir ein Stueck der Via Dolorosa gefolgt und haben die Grabeskirche besucht. Ich haette nicht gedacht, dass mich dieser Ort so packen wuerde, sogar trotz der Pilgerscharen..

Die Kapelle ueber dem Golgotha-Felsen
Leider mussten Loreen und Motty dann schon wieder zurueck nach Tel Aviv, weil der Shabat begann wo sie ja nicht mehr reisen duerfen. John und Valle sind auch mitgefahren, weil sie Jerusalem schon kannten. Ich wollte jedoch noch bleiben, vor allem, um eine Nacht in der Grabeskirche zu verbringen, was Dank der Vermittkung eines Bundesbruders moeglich war, der in der als Franziskaner im Kloster der Grabeskirche gelebt hat. Es war wirklich etwas ganz besonderes. Die Stille, die Leere, die Weite. Den Heiligen Orten ganz nah zu kommen, ganz fuer sich allein. Zu erleben, wie die sechs Konfessionen dort mit- durch- und sogar gegeneinander beten. Ein Geschenk.

Nach der Fruehmesse im Grab bin ich dann durch die stillen Gassen geschlendert. Auch etwas ganz besonderes. Der Kontrast zu tagsueber koennte kaum groesser sein.
Die Stadt war total menschenleer. Bis auf den alten Mann, der offenbar die allgegenwaertigen Katzen fuettert und frierenden Pilgern heissen Tee verkauft (uebrigens den besten, den ich je getrunken habe - zumindest subjektiv!)


Auf dem Weg zur Stadt hinaus traf ein eine Gruppe russischer Pilgerinnen die offenbar ihre Gruppe verloren hatten und auch sonst "totally lost" waren. Auch wenn wir kein einziges gemeinsames Wort sprachen, konnte ich Sie zur Grabeskirche bringen wo Sie ihre Gruppe fanden. Spaeter, als ich vor der Dormitio ein paar Postkarten schrieb, tauchten Sie auf einmal wieder auf, dankten mir ueberschwaenglich und schenkten mir russische Schokolade - voll nett :)

Auf dem Oelberg wollte ich den Sonnenaufgang beobachten. Doch es war sehr diesig, und dazu noch kalt und windig. Brrr. Aber es wurde schnell besser, wenn auch sehr bewoelkt. Ich ging auf der Stadtmauer um die Stadt, besuchte verschiedene Kirchen (am Sahabt ist der Tempelberg leider geschlossen (da immer wieder Steine von oben auf die betenden Juden geworfen wurden..)), ass Oliven und Baklava und verschwelgte so den Tag.

Made my day: dieser junge Kater wartete in der St. Anna Kirche (die mir der tollen Akkustik auf mich) und wollte offenbar von mir mitgenommen werden. Das schien er mir zumindest zu verstehen geben zu wollen als er waehrend des Gebetes auf mich herauskletterte. Ich musste ihn natuerlich schweren Herzens vor dem Tabernakel zuruecklasdsen, wo er es sich offenbar normalerweise gemuetlich macht. Mitnehmen darf ich dafuer man bisheriges Lieblingsfoto der Reise.

Mein Stuetzpunkt fuer die Erkundung der Stadt war das oesterreichische Hospiz, eine Pilgerherberge und Oase der Ruhe mitten im arabischen  Viertel mit einem echten Wiener Kaffeehaus und einer gandiosen Aussicht vom Dach.

Hier traf ich mich spaeter auch mit David, Seminarist aus Mainz und Farbenbruder der gerade im Rahmen des Propaedeutikums zwei Monate im Heiligen Land verbringt. Wir kennen uns aus Bonn, wo er vier Monate ein Praktikum bei der Bischofskonferenz gemacht hat und freuten uns sehr ueber den Zufall, der uns an diesem Ort zusammengefuerht hatte (facebook sei Dank..). Da ja schon Sonntag war und ich daher nicht mehr fasten musste, sind wir im armenischen Viertel dann noch ein Bier trinken gegangen, bevor ich wieder zurueck nach Tel Aviv musste (Bars gibts in der gesamten Altstadt nicht. Aber wir haben ein huebsches Lokal gefunden wo wir gemuetlich sitzen konnten).

Heute waren wir dann Valles Tante besuchen in Herzliya, die dort eine Keramikkuensterlin ist und uns in ihrem urigen Kuenstlerhaus bewirtet hat. Valle wird ein paar Tage dort bleiben, und ich fahre morgen nach Tabgha!
Das naechste Mal melde ich mich dann wohl von dort! Bis bald!

Donnerstag, 21. Februar 2013

Ueber Istanbul nach Tel Aviv

Istanbul

Als ich nach guenstigen Fluegen nach Israel suchte, war uberraschenderweise das Angebot das guenstigste, bei dem ein Tag Aufenthalt in Istanbul vorgesehen war. Warum nicht?
Also gedacht, getan. Ich wuerde John besuchen fliegen, und zwar zusamnmen mit Valentin, der ein gemeinsamer Freund ist. Das ganze habe ich mir als "Belohnung" fuer das bestandene Diplom verkauft - obwohl ich die Belohnung ja eigentlich schon hatte (Suedamerika, ihr erinnert euch? Wenn nicht, siehe unten im Blog ;))
Die Erwartungen an Isstanbul wurden auch voll erfuellt. Istanbul ist eine faszinierende Stadt, wunderschoen verwinkelt mit steilen Gassen und versteckten Hoefen. Ueberall wird gekauft und verkauft, natuerlich meistens orientalischer Nippes, aber auch echtes Handwerk.Und ueberall fanden sich auch immer kleine Inseln der Ruhe, in denen zum Beispiel diese der unzaehligen Katzen sich ausruhen konnte.

Leider liess das Wetter sehr zu wuenscchen uebrig. Und obwohl wir uns sogar gezwungen sahen, Touristenregenschirme zu kaufen, waren wir am Ende des Tages klitschnass.
Trotzdem war es ein schoener Tag. Hier seht ihr Valentin vor der Hagia Sophia. Ausserdem haben wir natuerlich Baklava gegessen und Shisha geraucht und zwei koestliche Fische verspeist, die wir direkt auf dem Markt aussuchen durften - und uns am Ende natuerlich trotzdem ueber den Preis streiten mussten :roll:

Geschafft von 16 Stunden Istanbul im Schnelldurchgang (Landung um 6, Abflug um 22 Uhr) haben wir dann natuerlich - unnoetigerweise im Restaurant aufgehalten weil auch noch unsere Schirme verwechselt wurden - unseren Flughafenbus verpasst, was uns die teuerste und gleichzeitig rasanteste Taxifahrt unseres Lebens bescherte. Denn die Istanbul Rush-hour ist so etwas wie die Rushhour auf der A3 bei Koeln - nur ueberall. Insofern ist zu bezweifeln, ob es der normale Bus in den vorgesehenen 1,5 Stunden bis zum Flughafen geschafft hat, denn sogar wir haben fast so lange gebraucht - obwohl unser Taxifahrer wirklich gefahren ist als waere der Teufel hinter ihm her: d.h. Standstreifen bei 100kmh mit allen verfuegbaren Hupen... das duerfte sogar in der Tuerkei als "kriminell" zu bezeichnen sein o.0

Tel Aviv

In Tel Aviv, wo wir gegen 0.00 Uhr landeten, wurden wir von John erwartet und mussten wiederum ein Taxi nehmen - weil ja Shabat war und dann tatsaechlich oeffentliche Verkehrsmittel stillstehen. Jo0hn wohnt in einer kleinen WG im Sueden von TLV, in Florentin, einem sehr lebendigen Viertel mit gemischter Bevoelkerung.

Viele andere Viertel sind tatsaechlich eindeutig in der Hand einer
der grossen Bevoelkerungsgruppen, d.h. meistens Juden, Arabar, Orthodoxe Juden, Aethiopische Juden oder eben - manchmal - auch ein spannender Mix.


Die Stadt ist voller Gegensaetze. Nicht nur religioeser, auch architektonisher. Bauhaus-Gebaeude, von denen es hier echt viele gibt, wechseln sich mit alten orientalischen Haeusern ab, die sich zum Beispiel im malerischen arabischen Hafenviertel Yaffo.






Man sieht auch an jeder Ecke, wie sich die Stadt veraendert. Die Mieten gehen durch die Decke (ihr erinnert euch vielleicht an die riesigen Demos des letzten Jahres), obwohl ueberall gebaut wird. Altes muss Neuem weichen, nicht immer zum Vorteil des Stadtbildes. Trotzdem gibt es noch viele urspruengliche Ecken, die sich den "typischen" Charme bewahrt haben, der aus dem Zusammentreffen von Orient und Okzident entsteht.








Man kann ohne Uebertreibung sagen, dass wir das Leben hier geniessen. Das Gemuese ist billig und super lecker, Delikatessen wie Oliven gibt es an jeder Ecke und frische Fische sind auch guenstig zu haben.


Akko

Einen Tag waren wir in Akko, wo wir mit einem dem wenigen Zuege von Israel hingefahren sind. Bei uns waere der "Express" zwar eher eine S-Bahn, dafuer war die Fahrt aber recht komfortabel.

Akko ist absolut malerisch, die engen Gassen der Altstadt, die alten Stadtbefestigungen, Karawansereien, Moscheen, Kirchen, der Hafen - und das endlich mal bei Sonnenschein!


Von den Osmanen zugeschuettet, um darueber ihren eigenen Palast zu bauen: die alte Burg der Johanniter, die hier Hospitaliter genannt werden.
Malerisch: Unser Blick beim Picknick am Hafen an den Seemauern entlang.

Megiddo

Unsere naechste Exkursion ging nach Megiddo. Dazu mieteten wir ein Auto, zusammen mit Alberto, einem Freund von John hier der Italiener ist und wirklich ununterbrochen redet, singt oder lacht. Der Effekt schwankt zwischen ansteckend und nervtoetend.
Inzwischen hat sich das gute Wetter durchgesetzt und wie geniessen die Fruehlingsstimmung, was hier einfach das per-fek-te Wetter ist bei Sonnenschein, angenehmen 20 Grad und sanften Winden.


Megiddo ist natuerlich beeindruckend. Hier liegen 6000 Jahre Geschichte uebereinander. Lieber haette ich jedoch die Mosaike von Zipori gesehen, doch wir kamen dort exakt eine Minute zu spaet an, um noch durch das Tor gelassen zu werden (die nehmens hier manchmal mindestens so genau wie wir Deutsche..). Dafuer haben wir einen ausgedehnten Spaziergang gemacht durch die offenen Waelder auf den Huegeln ringsum und haben uns unterhalten. Vielleicht war es sogar die bessere Option, denn nach Zipori kommt man bestimmt nochmal - Momente echter Gemeinschaft sind jedoch unwiderbringlich.

Morgen geht es endlich nach Jerusalem, zusammen mit Motty, auf den ich mich sehr freue!
Leider muss vieles hier angerissen bleiben, obwohl wir so gemuetlich in den Tag leben finden sich doch kaum ruhige Minuten um mal was aufzuschreiben von den vielen schoenen und lustigen Sachen - ausserdem wurde Johns Laptop neulich geklaut und ich habe nur so ein winyiges Asus EeePC zum tippen wo ausserdem der halbe Bildschirm kaputt ist, grauenhaft!!

trotzdem hoffentlich bald mehr! Adios!