Montag, 29. September 2008

Hilfe, ich wurde überfallen und habe nichts mitgekriegt

Tja, jetzt kommt so eine typische Benni-Geschichte wo man nicht weiß ob man jetzt lachen oder weinen soll. Also, ich wurde tatsächlich überfallen. Ich war am Freitag in Buenos Aires und mit Astrid und ihren WG-Kollegen dann im "Museo", einer großen und bekannten "Boriche". War auch ganz nett, aber ich bin einfach kein Disco-Mensch. War am Ende natürlich heiser vom Reden.. dass man das in einer Disco einfach nicht macht, werde ich wohl nie verstehen. Zu fünft waren wir leider zu viele für ein Taxi, und deshalb haben Astrid und ich beschlossen, die 6-8 Quadras zu Fuß zu gehen. Dass das Mueseo nicht im besten Viertel lag, wussten wir, aber die paar Quadras.. naja. Wir haben uns unterhalten, und ich war gerade mitten im Erzählfluss, als von der anderen Straßenseite kommend sich uns ein Mann in den Weg stellte und irgendwas von "plata" brabbelte. Da es das einfachste und beste ist, Bettler, Straßenhändler oder Dealer (die Grenzen sind fließend), einfach zu ignorieren und ihnen deshalb nie in die Augen zu schauen, habe ich einfach im gehen weitergeredet. Der andere hat natürlich auch weitergebrabbelt, wovon ich aber natürlich gar nichts verstanden habe weil mein Hirn (nicht nur um 6 Uhr morgens) einige Zeit braucht, um von Deutsch auf Spanisch umzuschalten. Als er mich dann am Arm packte, habe ich ihn höflich, aber bestimmt mit "no, no, gracias" abgewimmelt und weitergegangen, und der Typ trollte sich zurück auf die andere Straßenseite. Dass der Typ wohl in der Zwischenzeit ne Waffe gezogen hatte, hat mir Astrid erst hinterher gesagt. Und dass er "plata" - was so viel heißt wie "Kohle" haben, und nicht er nicht "pacco" - eine miese Unterschichtdroge - verkaufen wollte, wurde mir dann auch klar. Ich habe dann aber eingewandt, wenn der Typ wirklich ne Waffe gehabt hätte, hätte er sich doch nicht so einfach mit einem "no, gracias" abspeisen lassen, woraufhin Astrid mutmaßte, die Waffe sei wohl nicht echt gewesen, so wie der damit rumgefuchtelt hätte, sei sie ihr viel zu leicht erschienen. Was einem so alles entgehen kann wenn man sich gerade unterhält. Vermutlich war der Typ in der Situation einfach genauso überrascht und verblüfft wie ich hinterher. Ich stelle es mir auch recht frustrierend für einen Kriminellen vor, einfach ignoriert zu werden. Andererseits könnte solcher Frust auch leicht in Wut umschlagen, und wenn die Waffe doch echt gewesen wäre... so what? Soll ich mir die Masche patentieren lassen oder mich besser (aus Vorsicht vor mir selbst) nicht mehr auf die Straße trauen?

Ich möchte zu meiner "Verteidigung" noch auf folgendes Hinweisen: Ich war stocknüchtern (weiß selbst nicht genau, warum), aber es war 6 Uhr morgens. Beim ersten und einzigen abschätzenden Blick auf den Typ der im Weg stand und irgendwie an seinem Hosenbund rumfummelte, habe ich wirklich nur "Perverser, Dealer (die transportieren ihr Zeug nämlich auch gern in der Hose), oder total boracho" gedacht. Dass der Kerl ein Gangster sein könnte, ist mir echt nicht in den Sinn gekommen. (Vielleicht ist aber auch genau das das Problem, und ich halte die Welt insgesamt einfach für viel zu gut..). Ich würde aber jetzt trotzdem mal vermuten, dass, wenn der Typ wirklich ein Gangster gewesen wäre, mich doch die ganze Körpersprache alarmiert hätte, und ich hätte nicht nur einfach etwas benebelte Nervosität im Blick registriert. Der Typ war einfach nicht ..gefährlich! Trotzdem ist das reichlich optimistisch gedacht und mir ist schon klar, dass ich das ganze irgendwo unter der "Wunder"-Kategorie verbuchen muss. Obwohl es tatsächlich auch kein Drama gewesen wäre, ausgeraubt zu werden. Ich hatte kein Handy, keine Kamera, keine Papiere, nur meinen monerero (Münzbeutelchen) mit ca. 15 Peso dabei. Den einzelnen 100-Peso Schein hinten in der Arschtasche hätte ich wahrscheinlich sogar behalten können. Gut, für Astrid wärs ein bissle ärgerlicher gewesen. Aber auch kein Weltuntergang. Denn dass ein Überfall theoretisch immer möglich ist, ist hier schon klar. Ich achte sonst auch wirklich sehr auf meine Umgebung, wenn ich z.B. alleine vom Bahnhof nach Hause unterwegs bin, gehe mal schneller, mal langsamer, biege unterschiedlich ab. Ich bin auf jeden Fall froh und dankbar, dass alles so glücklich gelaufen ist. Und die Chancen stehen gut, dass auch das nächste Mal - wenn es eins geben sollte - alles relativ glimpflich abläuft, denn von den vielen Leuten die Astrid kennt oder von denen sie gehört hat, dass sie ausgeraubt wurden, ist keinem irgendwas passiert. Also: todo bien, und ich hoffe ihr hattet auch ein bisschen Spaß mit der Geschichte, von der ich mich wirklich ernsthaft gefragt habe, ob man sowas überhaupt erzählen kann.. ist schließlich schon etwas strange o_0

Geschlafen habe ich dann auch nicht mehr, da ich um 7 Uhr eh zurückfahren musste weil um 9.30 ein Firmlingswochenende in der örtlichen Franziskanerabtei losging. Die zwei Tage waren aber auch wirklich eine tolle und beeindruckende Erfahrung, die mich (zumindest bis 9 Uhr Abends) jede Müdigkeit vergessen ließ, und ich bin wirklich froh, dass ich dabeigewesen bin. Aber davon ein andern Mal, für heute ist schon wieder genug Buchstabensuppe verschüttet.

Also: Kepp on Kerzen-anzünging
Muchas Gracias Muchachos!
Ciao!

PS: Nur falls es jemand entgangen sein sollte - ich hatte nicht darauf hingewiesen - der letzte Eintrag war wieder ein Doppeleintrag aus Tagebucheintrag und Exkurs.

Freitag, 26. September 2008

Exkurs: Firmgruppenstunden in der Gemeinde Lourdes

Als ich am Mittwoch etwas zu lange in der Casita geblieben war und etwas spät dran war (d.h. ein paar min zu spät) war mir das sehr unangenehm (man glaubt es kaum), aber als ich dann in der Gemeinde eintraf durfte ich feststellen, dass von der Gruppe gerade mal die Hälfte eingetrudelt werden, und der Rest sich gemütlich auf der Wiese unter einem Baum unterhielt. Ich habe die Zeit dann genutzt um ein paar Fotos von der Gemeinde zu schießen. Zum Beispiel von Samuel, dem Gemeindehund, der auch jeden Sonntag in der Kirche brav der heiligen Messe beiwohnt. Diese scheinbar sinnlose und verschwendete Zeit des Wartens auf andere scheint in Argentinien allerdings eine wichtige soziale Funktion zu haben. So wird hier typischerweise der Mate bereitet und Neuigkeiten ausgetauscht. Dafür scheint hier auch jeder Zeit zu haben. Ich glaube ich habe hier noch nie jemanden sagen hören "Ich habe keine Zeit" - außer mir selbst. Wenn dann doch mal jemand früher weg muss geht er einfach, und das stört auch niemanden denn man hat ja Zeit: Zweimal die Woche, ca. 8 Monate mit einigen Intensiv-Wochenenden, wie auch nächstes Wochenende eines ist, an dem ich auch teilnehmen werde. Bin mal sehr gespannt :)


Dass die Firmvorbereitung hier so lange dauert, hat natürlich auch andere Vorteile. So konnte Marcello die letzte Stunde einfach mal schleifen, um den 16. Geburtstag von zwei Mädels aus der Gruppe zu feiern. Natürlich hat er so getan als wäre nichts, und ganz normal die Gruppe mit einer Einführung ins Thema begonnen. Als er dann darauf aufmerksam gemacht wurde, dass es zwei Geburtstagskinder gibt, hat er ganz überrascht getan, und dann heimlich aus dem Nebenraum einen Kuchen und Cola geholt. Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob es das alles schon so geplant hatte, oder ob er einfach IMMMER (für alle Fälle) einen Kuchen im Kühlschrank hat. Die Becher mussten auf jeden Fall erst gespült werden. Keine Ahnung ..solche Menschen solls ja geben *hust*


Ich glaube ich habe schonmal erzählt, wie ähnlich sich die Gruppe hier und meine alte Gruppe sind (liest hier vielleicht sogar einer meiner alten Firmlinge? ^^). Marcello, der jurastudierende Gruppenleiter, ist mir auch vom Typ her sehr ähnlich (ja richtig, der Hochmut, Stefan ;)). Das heißt aber vor allem erstmal, dass er sehr viel redet und weit ausholt um etwas zu erklären, meinem Eindruck nach unterm Strich aber auch was ankommt, weil er auch wirklich hinter dem steht was er sagt. Die Jugendlichen sind hier sind auch von der Mentalität her sehr ähnlich wie bei uns, aber viele mordende - oh, Tippfehler - ich meinte moderne Vorurteile gegenüber der Religion an sich noch nicht so tief in die Gesellschaft eingedrungen zu sein, und die Botschaft des Evangeliums kann so noch deutlich unbefangener gedacht werden (manche werden jetzt vielleicht im Kopf automatisch "unbefangen" durch "unreflektiert" ersetzt haben, aber ich denke diese Formulierung würde nicht zutreffen). Sicherlich damit zusammen hängt die Tendenz/Bereitschaft zum radikalen/konsequenten Nach-Denken. Am Freitag haben wir z.B. über Antikonzeptiva gesprochen. Nicht weil es auf dem Lehrplan stand, sondern weil eine Stunde zur freien Themenwahl zur Verfügung stand. Ein sehr spannendes Thema, aber auch ein sehr heikles Thema in einem Land, in dem Teenagerschwangerschaften ein echtes "Problem" sind - weil ungemein häufig. Ich denke, man kann den "katholischen" Standpunkt trotzdem vertreten, und ich hatte den Eindruck, dass die.. ..Vision, der Entwurf, von Sexualität insgesamt - nämlich mit dem Sex auf den richtigen zu warten - bei den Jugendlichen auf sehr offene Ohren und Herzen traf. Sie waren nach unseren Ausführungen auf jeden Fall sehr still und nachdenklich. Einige werden jetzt vielleicht stutzen und erstaunt nachfragen: "UNSEREN Ausführungen?" Naja, nicht ganz. Ich kann zwar inzwischen dem Gespräch mehr oder weniger folgen, allerdings verstehe ich die Jugendlichen relativ schlecht, Marcello dafür aber gut, und habe mich deshalb die letzten Male darauf beschränkt, am Ende des Themas meinen zuvor wohl zurechtgelegten "Senf" dazuzugeben. Das ist natürlich auch eine völlig neue Erfahrung für mich: Nur zuzuhören und nicht mitzureden, während andere über ihren Glauben sprechen. Einige werden wissen, wie ungewöhnlich das für mich ist. Ich bin über diese "erzwungene" Passivität aber eigentlich sehr froh, und es ist auch sehr interessant zu sehen, wie aufmerksam mir die Jugendlichen zuhören, wenn ich mein Schweigen breche und meine wenigen Sätze zum Thema beitrage, in denen ich versuche die sachlichen, ausführlichen Ausführungen von Marcello ein bisschen praktisch-existentiell abzurunden. Wir sind ein gutes Team :)

Allerdings ist verständlicherweise die Ausstattung sonst sehr schlecht. Die Gemeinde besitzt nur 5 Bibeln, nur einige sehr karge und schlecht beheizte Räume, und hat auch keinen Kopierer um Materialien vervielfältigen zu können. Der Katechet erhält nur ein Buch, das mir aber sehr gut gefällt, und in dem die Themen sehr gut aufgearbeitet sind - allerdings verzichtet man hier weitgehend auf religionspädagogischen 'Schnickschnack' (wenn ich mich mal so ausdrücken darf). Ein bisschen mehr davon könnte es schon geben, vielleicht kann ich das ein oder andere beisteuern, es lebe die TrO-Ausbildung =)

Sport ist Mord

Liebes Tagebuch
Ich fühle mich, als hätte mich der 7 Uhr-TBA-Zug überrollt. Dabei habe ich nur ein bisschen Sport in der Casita gemacht. Am Dienstag mit Luis, und zwar eine Stunde Laufen plus Stationen im Grünbereich einer Autobahnausfahrt und einem Park mit Liegestützen, Situps und anderen exotischen Übungen, an die ich zugegeben nicht mehr gewöhnt bin. Trotzdem habe ich mich denke ich ganz gut geschlagen, allerdings war es vielleicht ein Fehler, danach ein bisschen rumzuprollen und zu sagen, ich hätte durchaus noch etwas Energie übrig. Das war auch nicht gelogen, und ich konnte ja nicht ahnen, dass ihn das veranlassen würde, mir den Bücherrucksack zu geben, den er die ganze Zeit trug, und mit mir die letzten 2km mit unregelmäßigen Frosch-hüpfern zurückzulegen... -_- Die wollten dem dicken Deutschen wohl erstmal zeigen wo hier der argentinische Hammer hängt. Danach habe ich mich richtig auf das entspannte Joggen mit Martinano gefreut, das meinem höllischen Muskelkater auch nicht abhelfen konnte. Trotzdem tut mir die Bewegung, denke ich, ganz gut, und der Sprung ins Schwimmbad der Casita (ja, sowas gibts da, ist ganz neu) entschädigt für vieles - auch wenn es heute wohl eher mein Trommelfell beschädigt hat, auf jeden Fall tut es weh. Das mag heute aber schon etwas strapaziert worden sein vom Besuch im "Musikzimmer", wo Elbio den Jungs E-Gitarre und Schlagzeug zum Austoben zur Verfügung stellt. Herr, verzeih ihm, denn er wusste nicht, was er tut. Meinen linken Arm kann ich auch nicht mehr über Schulterhöhe heben, ich weiß aber nicht, warum. Die Rückenschmerzen, die vielleicht von den durchgesessenen Bussitzen kommen könnten, werden auf jeden Fall vom viel zu weichen Bett nicht besser. Und ich habe den ersten Mückenstich des Frühlings. Und weil an der Innenseite des rechten Oberschenkels gelegen, macht er sich nach der ganzen Joggerei auch unangenehm bemerkbar. Ich will hier dein Mitleid nicht, liebes Tagebuch, aber ich bin froh, dass du mir so geduldig zuhörst. Danke.
Werde jetzt gleich nach BA fahren und den Schmerz mit Alkohol ertraenken. ;)

ps: gestern wurde ich übrigens im Supermarkt vom Sicherheitsdienst durchsucht, weil ich mit Rucksack in den Laden gelatscht bin um irgendwas für 50 Centavos zu kaufen um Kleingeld für den Bus zu haben. Das wird hier nämlich nicht so einfach gewechselt, in einem Kiosk wurde mir sogar der Kauf verweigert weil ich beteuerte nicht mit Münzen bezahlen zu können. Gut, ich als Sicherheitsdienst (ich schätze, die Hälfte des BIP Argentiniens wird von Sicherheitsfirmen und Busunternehmen erbracht) hätte einen Rucksack, der von einer Horde Jungs aus der Casita umgeben ist, wohl auch durchsucht. Nichts für ungut.

Mittwoch, 24. September 2008

Nazis und Sprachenstolz in BA und Casita

Hola gente! - Hallo Leute!
Da bei Daniel&Co das Internet streikt, schreibe ich heute vom Inet-Cafe, bevor ich zur Arbeit fahre. Ich werde natuerlich zu spaet kommen, aber da ich eh keine festen Zeiten habe, wirds eh niemandem auffallen, und ansonsten kann ich immer noch darauf verweisen, dass heute fuer 24 Stunden keine Zuege fahren in ganz BA (!!!), weil irgendwelche Deppen einen Lokfuehrer umgebracht haben. Es lebe die Kollektivstrafe! Erzittert vor dem Zorn der grossen TBA!! :rolleyes:



Ich habe leider in letzter Zeit sehr wenige Fotos gemacht, und ohne Fotos als Anhaltspunkte und Veranschaulichungshilfen bin ich ein bisschen ratlos was ich euch erzählen soll.. Vielleicht erstmal das Naheliegendste: Das Wochenende. Am Freitag hab ich nix gemacht, außer ('wie immer') zur Konfirmationsgruppenstunde zu gehen, die mir sehr gut gefallen und ein super Training sind. Am Mittwoch werde ich einen "Exkurs" online stellen, und ein bisschen mehr erzählen. Am Samstag habe ich mich dann mit Thomas zum Joggen getroffen. Wir waren nämlich beide der Ansicht, dass wir es nötig haben. Keine Ahnung obs was genützt hat. Wir haben uns auf jeden Fall gut unterhalten *g*. Nach einem super leckeren (und ausnahmsweise Knoblauch-haltigen Mittagessen) habe ich mich dann nach BA aufgemacht, um mit Astrid ein bisschen Shoppen zu gehen, die Waschmaschine hier mag nämlich meine Socken zum Fressen gern und ein paar neue T-Shirts könnte ich auch brauchen. Außerdem sind meine Hosen eingelaufen, so dass schon zwei am Arsch aufgerissen sind. Das ist u.A. beim Volleyball-spielen passiert, deswegen liegt es bestimmt nicht daran, dass ich einfach zugenommen hab, ...oder? *amkopfkratz* Naja, ich habe dann doch nur ein paar Kinderbücher zum Spanisch-Üben gekauft, da alle Klamottenläden wider Erwarten um 6 Uhr zugemacht haben - seltsamerweise hatten aber alle SCHUHLÄDEN noch auf o_0. Wir sind dann ins Kino gegangen. In einen deutschen Film, von denen es hier wirklich viele im Angebot gab. Vier Minuten, guter Streifen. Mir hat vor allem die Unbeugsamkeit der Charaktere gut gefallen, diese Unfähigkeit, über ihren eigenen Schatten zu springen, und damit jedes echte Happy-End unmöglich zu machen. Trotzdem ist irgendwie jeder ein kleiner Held, auf seine eigene, verschrobene, ein bisschen tragische Art und Weise. Dass der Film im Ausland so viel Beachtung findet, hat sicherlich auch damit zu tun, dass der Nationalsozialismus als dunkler Hintergrund auch vorkommt, denn das Interesse für die neurere deutsche Geschichte ist hier ungebrochen groß. In den Buchhandlungen gibt es Wagenladungen voll ausführlicher Serien, und viele Argentinier kennen "Der Untergang" (wirklich viele!), "Das Leben der anderen", "Goodbye Lenin" oder "Sophie Scholl", dagegen sind andere Meisterwerke wie "Knocking on Heavens Door" weitgehend unbekannt *kopfschüttel* Die Übersetzung (in Argentinien gibt es fast alle ausländischen Filmen nur mit Untertiteln) war übrigens sehr schlecht, zwar sachlich korrekt, aber ohne die vielen Nuancen und kleinen Detaills der deutschen Sprache wirklich rüberbringen zu können. Ich kann mir auch vorstellen, dass das sehr schwierig ist, und ich empfinde das Spanische oft ein als bisschen unzureichend. Aber gut, das kommt vielleicht auch noch. Ich lerne das Deutsche hier auf jeden Fall zu schätzen, und wenn ich z.B. erkläre, wie einfach man im Deutschen einfach verschiedene Wörter zu einem neuen Wort kombinieren kann, dann staunen die Argentinier ganz beeindruckt, denn in ihrer Sprache kommen beim Versuch der Übersetzung monströse Wortketten heraus. Deutsche Behördennamen klingen besonders furchterregend, aber Franko z.B. war sehr tatsächlich sehr begeistert vom Pur-Titel "Funkelperlenaugen". Und wenn man mal genauer darüber nachdenkt, hat er auch Recht.Jetzt bin ich schon wieder so abgeschweift.. ich hoffe ihr könnt mir folgen auf dem Weg vom Kino zu einem richtig netten argentinischen Restaurant mit Livemusik und meinem ersten richtigen Argentinischen Steak, perfekt 'a punto' und nur mit Brot und Rotwein. So hab ich mir das vorgestellt. Nach noch mehr Rotwein sind wir dann wieder in die Bar gezogen, in der wir vor zwei Wochen schon waren (genau, die mit der Mörder-treppe, die auch dieses Mal nicht weniger furchterregend wirkte). Wo wir grade beim deutschen Bedenkentragen sind: Ich hab auch Rodriguez wiedergetroffen, bei dem ich das letzte Mal übernachtet habe, und er hat mich gefragt, wie ich denn morgens aus seinem Haus gekommen sei, denn tatsächlich lässt sich die Haustüre von innen nicht öffnen. Als ich Rodriguez dann fragte, ob das denn nicht ein bisschen gefährlich wäre, wenn z.B. das Haus in Flammen stünde, hat er nur gelacht und dann gesagt, dass er darüber noch nie nachgedacht hätte, und ich kam mir auf einmal sehr deutsch vor. Wer von uns ist jetzt nicht ganz normal? Ich hatte übrigens damals natürlich einfach nur gewartet, bis jemand mit nem Schlüssel ins Haus reinwollte.Diesmal habe ich dann auch nicht bei Rodriguez übernachtet, sondern auf der Couch in Astrids WG-Wohnzimmer, wo wir dann auch fast den ganzen Sonntag verbracht haben. Wir haben Blockbuster gesehen wie "Eragon" oder "Moulin Rouge" (oder wie das auch immer geschrieben wird..), und nebenbei verschiedene Möglichkeiten recherchiert, mit möglichst wenig Geld, möglichst viel von Argentinien zu sehen. Meine Route ist wohl BA->Cordoba->Mendoza->Santiago de Chile mit dem Bus, von dort mit dem Flugzeug nach El Calafate, weiter mit dem Bus durch Patagonien nach Usuhaya (der südlichsten Stadt der Welt), und von dort mit dem Flugzeug zurück nach BA. Leider fehlt mir dabei der nördliche Landesteil außer Missiones/Iguazu, wo ja die Jugendmission im Januar schon hingeht. Mal schaun. Ich brauch noch nen günstigen Flug nach El Calafate, von Mendoza oder Santiago de Chile ist das sauteuer, und kostet bisher mehr oder weniger das vierfache vom genauso langen Rückflug von Usuhaya nach BA (dafür nur 140€). Schaunwama. In der Gemeinde besitzt wohl jemand Vertrauenswürdiges ein Reisebüro, ich werde dort mal nachfragen ob man dort einen Tip für mich hat.
Ansonsten macht die Arbeit in der "casita" (ist die Niedlichkeitsform von "casa", d.h. kleine Haus/Häuschen) immernoch viel Spaß, und ich komme mit den Jugendlichen super aus, auch wenn es ein bisschen komisch ist, wenn man dann erfährt, wer z.B. auch Todschlag auf dem Kerbholz hat. Wenn man dann aber miteinander scherzt, spielt, Mate teilt, spielt das keine Rolle, und ich denke das ist auch in Ordnung so. Vielleicht ist es sogar die einzige Möglichkeit, den Jugendlichen den Weg zurück in ein richtiges Leben zu ermöglichen. Vielleicht stelle ich ein paar Jungs mal genauer vor. Erstmal werde ich die Tage mal mit Pater Elbio sprechen, wie meine Arbeit in der Casita in Zukunft aussehen kann. Die Gruppen- und Einzeltherapien sind für mich natürlich leider tabu, aber vielleicht kann ich ein paar regelmäßige Workshops oder Projekte anbieten, denn im Moment besteht meine "Arbeit" vor allem darin, den "operadores", den Hausvorstehern, darin zu unterstützen, die Jugendlichen, die gerade im Haus sind, beim Rumhängen zu beaufsichtigen, d.h. zu quatschen, Musik zu hören und Mate zu trinken, ab und zu Fußball oder Volleyball zu spielen - heute habe ich den Jungs auch das gute alte Kartenspiel 'Durak' beigebracht - oder bei den Mathehausaufgaben zu helfen (auch wenn ich heute bei der Auflösung einer dritten Wurzel echt passen musste.. wüsste das noch wer? Muss ich mich schämen?). Im Moment arbeite ich sozusagen im "Betreuten Rumhängen", und für den Moment ist das auch das Beste weil Kommunikativste, aber mittelfristig will ich auch andere Tätigkeiten haben. Ich bin aber auch sicher, dass sich das finden wird :) Die ganze Einrichtung ist eigentlich auch einen eigenen "Exkurs" wert. Ich werde mal die Kamera mitnehmen und ein paar passende Fotos schießen.
Also bis dann!

Dienstag, 16. September 2008

Liebe Leser ,
Das Wochenende war verhältnismäßig ereignislos. Am Freitag waren wir in Quilmes, einer armen Villa in der die Servidores auch eine Gemeinde betreuen. Sie haben sich dort getroffen, um gemeinsam eine Messe zu feiern, Pizza zu essen und zu quatschen. Nachdem ein bisschen Quilmes in Quilmes (harhar) getrunken wurde, wurde auch ein bisschen gesungen und getanzt. Am Samstag war ein Geburtstag, an dem ich viel argentinischen Fingerfood probieren konnte, der aber sonst nicht soo der Burner war. Aber Thomas hatte Spass *g* Hier macht sich langsam der Fruehling bemerkbar, d.h. in der Sonne ists T-Shirt-warm und ueberall kommen die Blueten raus:

(Fotos aus Zeitgruenden leider nicht geuploadet, spaeter im Webalbum zu besichtigen)


Heute war mein erster Arbeitstag, und es freut euch sicher zu hören dass es mir sehr gut gefallen hat. Ich arbeite jetzt bei Pater Elbio, in seiner Einrichtung zur Rehablilitation gefährdeter Jugendlicher, d.h. sowohl Jugendliche von der Straße, straffällig gewordene Jugendliche, Jugendliche mit Drogenproblemen oder einfach aus kaputten Familien - oder oft auch alles zusammen. Demnächst mehr Details und auch Fotos, aber bis ich die Jungs und die Gegend da (die Einrichtung liegt am Rand einer "Villa", d.h einer armen Wohngegend die irgendwann mal illegal errichtet wurde) da wirklich einschätzen kann, lasse ich meine Kamera mal besser zu Hause ;)Ich bin dahin ca. ne Stunde unterwegs, aber wenn ich mir bald ein Fahrrad gekauft haben werde, gehts sicher ein bisschen schneller (und ich mache wenigstens ein bisschen Sport....). Obwohl das mit dem Sport heute auch schon vielversprechend angefangen hat, wir haben nämlich nach dem Essen fast 2 Stunden Volleyball gespielt, was wirklich viel Spaß gemacht hat. Danach habe ich einem Jugendlichen bei seinen Mathe-Hausaufgaben geholfen (einfache Geometrie: Geraden, Parrallelen usw.). Der Ort ist super um die Sprache zu lernen, das habe ich heute schon gemerkt. Natürlich ist das mehr der Straßenslang als "echtes" Castellano, aber das ist mir eigentlich sogar sympathischer. Mein Projekt "Spanisch selber lernen" ist also auf nem ganz guten Weg, auch wenn ich für die Einrichtung da dringend die Imperative lernen muss ^^. A propos Imperative: "Ben" wie mich hier die meisten nennen, ist übrigens auch ein Imperativ, bzw hört sich genau an wie "ven", was wiederum der Imperativ 3. Sg. von "venir" ist, also "KOMM!". Ein beliebter Wortwitz mit meinem Namen ist also verständlicherweise, "Ben, Ven" :rolleyes:
A propos witzig: Hier in "meiner" Familie hier - leider gibt es im Spanischen keine adaequate Übersetzung für "Gastfamilie" - wird auch viel gelacht. Auch nicht nur über mich, wenn ich mal wieder lustige Wörter verwechsle, sondern inzwischen kann ich auch das ein oder andere Witzchen reißen *g*. Für viel Erheiterung habe ich auch gesorgt, als ich Marta gefragt habe, ob ihre Zigaretten auch Schmuggelzigaretten seien wie es das in Deutschland so oft gäbe. Der Anlass war, dass sie nach dem Einkaufen (ich hab ihr die Tasche getragen, habe ja sonst nichts zu tun und fühlte sich wenigstens so an wie Sport..) noch in einen staubigen Hinterhof ("patio") angebogen ist, um Zigaretten zu kaufen. Sah für mich sehr semilegal aus, aber anscheinend gibts hier öfter kleine Kioskos, die einfach im Küchenfenster eröffnet werden. Naja.

A propos Marta: Es ist Zeit, endlich mal die Truppe hier vorzustellen, was ich ja schon oft versprochen habe. Im Moment sitzen wir alle im Wohnzimmer, der Fernseher brabbelt wie immer mehr oder weniger unbeachtet im Nachrichtenkanal vor sich hin, Daniel (Silvias Bruder, Martas Sohn) ist mit seinem Sohn zu Besuch und der Mate geht rum, Marta pendelt zwischen Wohnzimmer und Küche, in der das Abendessen köchelt das üblicherweise um 9 Uhr verköstigt wird, und ich schreibe mit dem Laptop auf den Knien und muss mich jedesmal höllisch anstregen auf Spanisch umzuschalten wenn mich jemand anspricht. Ich könnte zwar auch woanders schreiben, aber auf der Couch ists einfach am bequemsten und ab und an der Mate-Runde nehme ich auch gerne teil :) A propos woanders hingehen: Das Haus ist tatsächlich wirklich nicht groß. Es gibt zwei Schlafzimmer, eine kleine Küche, ein Badezimmer, und zwei Living-rooms die mit einem großen Durchbruch verbunden sind. Viel Privatssphäre gibts also nicht, aber dafür leben wir hier nur zu 4, und nicht wie in andern Vierteln üblich, zu 14. Mir gefällt es hier sehr gut, es ist alles sehr gemütlich und sehr entspannt. Und im Sommer werden wir sicher viel auf der Terasse sein. Wenn es dafür nicht zu heiß ist.

A propos heiß: Der Sohn der Familie heißt Franco (ja, wie der Diktator), ist 14, und spielt Gitarre wie ein junger Gott. Ich traue mich schon gar nicht mehr zu üben (habe ich das schonmal gesagt?). Außerdem scheinen die Jugendlichen hier Salsa-Tanzen im Kindergarten zu lernen. Als wir am Samstag auf einem Geburtstag im Barrio waren, auf dem auch ein bisschen getanzt wurde, sind mir fast die Augen aus dem Kopf gefallen. Jetzt tanze ich auch nicht mehr. Naja. Vielleicht noch im fernen Buenos Aires, mal sehn. a popos Buenos Aires: Da wollte ich eigentlich nach dem Geburtstag noch hin, leider habe ich die Bahn hier überschätzt. Mir wurde gesagt, die würden Samstags die ganze Nacht fahren, was wohl auch stimmt..... nur halt im 2-Stunden-Takt. Und wenn man die eine knapp verpasst, muss man halt lange warten, und da es keine Fahrpläne gibt, habe ich halt eine Stunde am kalten und wenig gastlichen Bahnhof gestanden bis ich beschlossen habe das ganze doch sein zu lassen, denn in BA wäre ich wahrscheinlich erst gegen 4 angekommen.. Bissl Spaet. A propos spaet: Daniels Frau Monica ist grade mit Francio (Francisco, bald mit eigenem Webpholotalbum zu bewundern, weil total fotogeil) gekommen um ihn und den andern Sohn von zwei, deren Namen ich allerdings immer noch nicht weiss, abzuholen. Es gibt jetzt gleich schon Essen und ich gehe eben mit ihnen rueber um alles upzuloaden... hoffentlich gehts diesmal schnell :rolleyes:War leider ein bissle wenig ueber die ganzen Leute hier, aber das sind schonmal alle hier vor Ort, und wenigstens schonmal alle mit Foto.




ciao!

Mittwoch, 10. September 2008

apologia argentina

Leider muss ich mich wieder ein bisschen kurz fassen, da ich eine Stunde gebraucht habe um mich mit der f**** Kindergeldkasse herumzuschlagen. Dabei scheinen einige den Eindruck zu haben, ich wuerde hier nur auf der faulen Haut liegen. Nicht, dass man mir das nicht auch einfach goennen koennte, nein, es ist auch nicht zutreffend. Am Sprachkurs duerfte wohl nichts auszusetzen sein, und daran, dass ich am Wochenende nichts "getan" habe, wohl auch nicht. Un die letzten Tage habe ich damit verbracht, verschiedene Einrichtungen anzuschauen um danach meine Arbeitsfelder festzulegen. Viel Fahrerei, leider ist hier nicht alles unbedingt um die Ecke.

Ich werde wohl vor allem in einer Einrichtung fuer die Rehabilitation Jugendlicher aus sozial schwierigen Verhaeltnissen arbeiten, die gefiel mir wirklich gut, und die Jugendlichen (nur Jungs) sind ganz nach meinem "Geschmack", wenn man das so sagen kann: Aufgeweckt, frech, aktiv. Das ganze Gelaende ist riesig, und dort leben glaube ich um die 60 Jugendliche in verschiedenen Wohngruppen, betreut von einem Team von Sozialarbeitern , Psychologen, Hunden, Affen und dem "Cura", dem Pater der das ganze Ding leitet. Ausserdem werde ich als Katechet in der Gemeinde um die Ecke arbeiten, und wohl punktuell bei Projekten in einer Art Kindertagesstaette mitmachen, wo Thomas arbeitet. Allerdings steht noch die Besichtigung einer Tages-Einrichtung fuer junge Behinderte und einer Einrichtung fuer Obdachlose aus, wo diese Duschen, Essen und Waschen koennen. Vielleicht werde ich eine Tag in der Woche auch fuer diese Einrichtungen aufwenden, oder - wenn das sinnvoller sein sollte - einen Monat am Stueck oder so.

Thomas wohnt uebrigens in einer viel aermeren Gegend als ich. Ohne Kanalisation, ohne Strassenbelag, dafuer mit vielen Kindern, Huehnern, Hunden, Blattschneideameisen und alten Schrottautos und Muell.


Trotzdem haben wir uns getraut dort ein paar Sachen einzukaufen und "Empanadas" zu kochen. Die sind uns auch wirklich gelungen, es war sehr lecker.

Ansonsten entkomme ich meinem typischem Schicksal nicht: Schon wieder kollidieren hier meine Termine (obwol ich ja angeblich gar nicht so viele hab... und das stimmt ja auch). Aber der Fehler liegt wirklich nicht an MIR, der Fehler liegt irgendwo in der MATRIX! Ich mein, was kann ich dafuer dass am Samstag in Astrids WG eine riesen-Party steigt und gleichzeitig hier im Barrio eine von den jungen Servidoras Geburtstag feiert (19 oder so) und mich auch eingeladen hat, ohne mich je gesehen zu haben?¿? Obwohl ich Astrid schon zugesagt habe und auch wirklich gerne den Kontakt zu den "ganz normalen Leuten" in BA halten moechte, werde ich versuchen auf beiden Hochzeiten zu tanzen. Wuenscht mir Glueck.

Achja, und Astrid hat vorgeschlagen mit ein paar ihrer Kollegen nach Peru zu fliegen, fuer 300 Euro + Hostel fuer eine Woche waer ich dabei... aber ob ich das Geld hab, muss ich mir noch ueberlegen.. :/ Ich will ja spaeter auch noch rumreisen....... andererseits kommt man so guenstig auch nicht mehr nach Peru. *seufz*

Bis dann!

Exkurs: La guerra silenciosa - Bahnfahren in BA

Eine Woche bin ich jetzt jeden Tag zur Rushhour von hier nach BA reingefahren. Padua ist schon recht weit draußen, aber viele Tagelöhner und Arbeiter vom Land fahren noch sehr viel länger, deshalb ist der Zug auch schon nach allen verfügbaren Maßstäben „voll“ wenn er in Padua einfährt. Trotzdem stehen hunderte Menschen am Bahnsteig und wollen mit. Der Zug ist recht groß, 7-8 Wagons á ca. 72 Sitzplätze + 2-3 Fahrradabteile (d.h. alte Wagons, aus denen einfach alles rausgerissen wurde. Sehen von innen eher wie Viehtransporter aus - bestenfalls). Nach meiner Vorsichtigen Schätzung fahren in einem solchen Wagon gut 3000 Menschen (die Bahngesellschaft TBA sprach im Zusammenhang mit dem abgebrannten Zug vor ein paar Tagen von 1800, was - schätze ich mal – wohlwollend tiefgestapelt war, wenn ich mal vergleiche wie viele Menschen jeden Tag mit mir im selben Quadratmeter gestanden haben und das dann auf die Zugfläche hochrechne...
Mit diesen Menschen jeden Tag im Zug zu stehen hat mir glaube ich einiges verstehen gelehrt von der Situation, in der viele Menschen hier jeden Tag sind. Wenn an jeder Station aufs neue eine Speerspitze junger Männer einfach Anlauf nimmt und in die offene Abteiltür springt, um alle Menschen drinnen so weit wie möglich zu komprimieren um Platz zu schaffen für die am Bahnsteig wartenden, dann ist das kein freundliches anschubsen, das ist manchmal richtig brutal. In den Gesichtern der Menschen kann man dann vieles sehen: Da gibt es die, die versuchen es mit Humor zu nehmen (aber da frage ich mich immer, wie lange die schon dabei sind). Vielen jungen Frauen ist das Unbehagen über so viel beengte männliche Nähe von der Nasenspitze abzulesen. Da gibt es auch die, die grimmig zurückschubsen, aber es ist meist nur ein kurzes, lautloses Aufbäumen, denn alle wissen: Alle anderen müssen genauso zur Arbeit um ihre Familien durchzubringen, alle anderen sind genauso auf diesen verdammten Zug angewiesen sind – denn andere Möglichkeiten gibt es nicht. Natürlich gibt es die Collectivos, die Busse (die übrigens zum Großteil demselben Unternehmen gehören wie die Züge), aber das ist 1. teurer und 2. platztechnisch kaum besser, weil die Kapazitäten einfach viel kleiner sind. Und Autos können sich die meisten hier nicht leisten. Zumindest keins dass jeden Tag diese lange Strecke nach BA schaffen würde.
Sie stehen quasi im selben Zug. Die gesamte Prozedur vollzieht sich an jeder Station in völliger Lautlosigkeit. Ein lautloser Kampf. Aber es ist ein Kampf, in dem es keine Sieger gibt, und das wissen alle. Und so spiegelt sich in den meisten Gesichtern genau das: Resignation. Frustration. Das erzwungene Hinnehmen der Situation, in dem Wissen, dass jede Äußerung ihrer Frustration die falschen Treffen würde. Das Bahnpersonal, die Wachleute. Aber nicht das Unternehmen, dem der Staat für 10 Jahre die Infrastruktur zu einem Spottpreis zur Verfügung stellt – und das sich natürlich nicht mit übermäßigen Investitionen in eben diese hervortut. Das Unternehmen, für dass es einfach keinen Grund gibt, zusätzliche Züge auf die Gleise zu setzen um dieselbe Anzahl an Menschen zu befördern, die sich ja offensichtlich auch zu 3000 in Zügen für 1000 Menschen wohlfühlen. Und das nach dem gewalttätigen Ausdruck dieser Frustration in Form eines ausgebrannten Zuges (Thomas, der andere deutsche hier, war übrigens live auf dem Bahnsteig dabei) den Menschen im Fernsehen natürlich genussvoll vorrechnete, dass ja jetzt nur alle Züge noch voller würden, und die 5mio € Reparaturkosten verständlicherweise auf die Ticketpreise auf dieser Strecke aufgeschlagen werden müssten. Machtlosigkeit.
Diese Stimmung konnte ich jetzt eine Woche am eigenen Leib erfahren, aber ich glaube die Menschen hier erleben sie nicht nur auf dem Weg zur Arbeit, sondern alltäglich und mannigfaltig: Müll, Abwasser, Korruption, Inflation und Wirtschaftskrisen – Ihr ganzes leben lang. Das schmachvolle Versagen eines Staates und einer ganzen Politikerkaste, die dafür gewählt wurden und die geschworen haben, das Beste für ihr Volk zu tun. So besagte auch einer der Hauptslogans bei den großen Demonstrationen gegen das Versagen des Staates in der Wirtschaftskrise 2001 sinngemäß: „Schert euch alle zum Teufel“.

Gut, das denken wir in Deutschland auch manchmal. Ich zumindest. Dass bei uns wenigstens die wichtigsten Sachen einigermaßen funktionieren, verdanken wir...... ja was eigentlich?
Was sind die Waffen einer Gesellschaft - die im großen und ganzen in Argentinien genauso funktioniert wie in Deutschland – gegen unfähige und/oder heuchlerische Politiker, rücksichtslose Interessendurchsetzer und abhängige Medien – kurz: Gegen die Macht und die Mechanismen des Geldes, um das es sich allermeistens ja dreht?

Was denkt ihr?

Montag, 8. September 2008

Buenos Aires en 15min

Hallo sehr verehrtes Publikum. Ich muss mich kurz fassen, da ich gleich noch zu einer Besichtigung meiner zukuenftigen Arbeitsstaetten aufbrechen muss, und schon eine Viertelstunde verloren habe nur dadurch diese Moehre hier neu zu starten...

Dieses Wochenende war ich also in BA unterwegs. Am Samstag haben wir erst das glorreiche 1:1 der Argentinischen Equipage gegen Paraguay verfolgt, bevor wir dann in die Messe gegangen sind (eigentlich ein eigenes Kapitel...) und ich mich nach BA aufgemacht habe. Nach einem kurzen Zwischenstopp in Astrid`s internationaler WG (10 Studis, 6 Laender) sind wir dann zu andern Studis gegangen, die in einem sagenhaft stylischen Hinterhofapartement wohnen. Und danach wiederum in eine echt nette Bar (die aber echt gefaehrlich liegt, naehmlich im 3. Stock, und zum Eingang im Erdgeschoss fuehrt eine schnurgerade Treppe ohne Absaetze - ich mein rauf geht ja, aber je nachdem in welchem Zustand man da wieder runtermoechte........ o_0).

Naja. Schlussendlich habe ich dann bei Rodriguez auf der Couch gepennt, weil das wesentlich bequemer war als die Aussichten in Astrids WG.
Hier muss ich einen kleinen Exkurs einfuegen, der mich einige Ueberwindung kostet, aber meine Mama hats verdient... also, Mama: Ich bin dir sehr dankbar, dass du mich gezwungen hast die rote Jacke mitzunehmen, weil der schwarze, herausnehmbare Innenvlies mich hier in BA bestimmt vor dem Erfrieren gerettet hat. Nur mit dem Jacket haette ich sicherlich jetze eine Lungenentzuendung -_- Es ist halt im Moment vor allem Nachts empfindlich kalt, aber bald kommt der Fruehling.. :)

Tags darauf habe ich natuerlich verschlafen, und habe Astrid und Caro (eine andere Deutsche) erst in Boca wieder eingeholt, dem bekannten Stadtteil mit den bunten Touristenfassaden und natuerlich dem BOCA_STADION! 8) Dort waren wir dann noch im dortigen Museum der "Bellas Artes" (solala), bevor ich uns Astrid noch San Telmo besucht haben, dem Stadtteil der Musiker, Kuenstler und Intellektuellen//der reichen Menschen, die gerne ein bisschen Alternativ sein moechten. Es ist wirklich in interessantes Viertel mit diesem Mix, aber Sonntags ist dort immer ein riesiger Strasssenmarkt und die Atmosphaere war wirklich toll. Alle 50m standen Musiker am Strassenrand, eine Band besser als die andere, und wirklich zusammengefasst wurde die Grundstimmung in dem Plakat dort, das besagt "Umarmung gratis". Tja.

Das Flair hat mich echt begeistert. Dort zu wohnen, ist sicher grossartig. Aber in dieser Wohnung hier sicher auch, die in Buenos Aires Citz zu vermieten ist:

Nach dem Bummel in San Telmo bin ich dann noch kurz zu AStrid ins Apartement um meinen Pulli zu holen den ich ihr den Abend vorher ausgeliehen hatte - und dank dem Vlies trozdem nicht gefroren hab. Dort wollte ich dann noch kurz ins Internet, weil ich gelesen hatte dass THE HIVES naechstes WE in BA spielen, und fuer 100$ (25€) wuerde ich mir das auf jeden Fall angucken!! =) Aber als ich den Laptop hochfuhr, hab ich erstmal - hilfsbereit wie ich bin - alle 20 Programme als dem Autostart entfernt. Leider ging danach das Inet nicht mehr, was mir natuerlich furchtbar peinlich war, sich aber auch nach Reaktivierung saemtlicher noch so unsinniger Autostart-Programme nicht wieder hinkriegen liess....sehr unangenehm alles. Obwohl es eigentlich lustig war.. naja, sagen wir eher: einseitig unterhaltsam :rolleyes:

Nach ner Stunde hab ich dann resigniert aufgegeben und mich auf den Heimweg gemacht, aber nicht ohne auf dem WEg durchs Wohnzimmer die wie immer Fernsehguckenden Amis zu fragen ob sie sich vielleicht gut mit PCs auskennenn: "Why? Is it because of the Internet?" ".....yes..?" "Oh, I forgot to tellya that the Internet´s off for the hole house!" .......GRACIAS!!! *narf*

Unterm Strich habe ich von BA glaube ich nicht viel gesehen, zumindest nicht von den ueblichen Sehenswuerdigkeiten - ausser der wirklich old-schooligen Ubahn vielleicht. Ich brauch wohl doch noch einen richtigen Reisefuehrer. Der Lonely Planet soll ja sehr gut sein. Mal gucken ob der sich hier auftreiben laesst.

So, bin mal wieder viel zu spaet dran - und auch wenn sie selber das absolute Gegenteil sind, erwarten Argentinier von Deutschen irgendwie sekundengenaue Puenktlichkeit... ich glaube ich muss hier mal was klarstellen.


bis dann!


Freitag, 5. September 2008

aqui, estoy cabal

Ich bin jetzt eine Woche hier. Erstaunlich was ich schon alles erlebt habe. Und wie gut ich schon (im Vergleich) Spanisch kann, auch wenn ich immer noch grosse Schwierigkeiten habe, die Menschen hier zu verstehen. Reden klappt eigentlich ganz gut.. aber das konnte ich ja schon immer :rolleyes:


Heute morgen gab es ein paar Schwierigkeiten mit dem Zug. D.h. es ging gar nichts mehr, irgendwelche Probleme in Castello, der naechsten Station Richtung BA. Viele Menschen haben die Hoffnung aber nicht aufgegeben und in den wie immer voellig ueberfuellten Zuegen ausgeharrrt.. der Horror. Keine Ahnung wie lange die da noch standen.

Zum Glueck (!) habe ich Alberto von den Servidores getroffen, der auch zur Uni nach Liniers musste und mich durch das komplizierte Bussystem lotsen konnte. Da Argentinier irgendwie was gegen Beschilderungen haben, oder die hier einfach noch nicht erfunden sind (oder vielleicht auch einfach begehrte Sammelobjekte..), muss man einfach WISSEN wo welcher Bus faehrt, oder zumindest von welche der bis zu drei Nummern auf dem Bus sich gerade auf das Ziel schliessen laesst. Die Routen sind normalerweise einfach. Naehmlich immer geradeaus. Aufgrund dieser Logik scheint man auch der Meinung zu sein, auf die Kennzeichnung von Haltestellen verzichten zu koennen. Wer mit will, muss sich einfach an die Kreuzung stellen (man weiss ja, wo welche Busse hinfahren..) und sich mittels leidenschaftlichen Armschwenkens bemerkbar machen oder einfach auf die Strasse springen und den Bus zum anhalten zwingen.... obwohl ich das keinem empfehlen wuerde. Ich glaube naehmlich, dass die meisten Busse nicht anhalten wuerden.


Tjojo. Ich war dann halt 1,5 Stunden zu spaet. Schade, ich mag die Lehrerin, die wir in den ersten zwei Stunden haben, naehmlich lieber (nicht nur, weil sie viel besser (!) aussieht). Auf dem Weg nach Hause, hatte ich dann ein richtig schoenes Erlebnis. Nicht nur, dass ich einen Sitzplatz im Zug (der nzwischen wieder fuhr) ergatterte, nein.

Ich habe mir angewoehnt, im Zug das Stundengebet zu halten, auch wenn es von den Uhrzeiten meistens nicht ganz passt. In der UBahn bzw den Weg zum Zug hoere ich dann meistens Musik um mich ein bisschen "einzustimmen", die Gedanken kreisen zu lassen und ein bisschen Ruhe in der lauten Stadt zu finden. Zum Beispiel mit den Aerzten.

Ich sitze also im Tren, den Kopf zurueckgelegt, die Kopfhoerer auf (wie immer, weil dann kann man so tun als wuerde man die vielen Wagonverkaeufer nicht hoeren..), die Augen geschlossen, geniesse die Musik und den Text: "Himmelblau".

Der Himmel ist blau
und der Rest deines Lebens liegt vor dir
Vielleicht wäre es schlau dich ein letztes mal umzusehen

Du weißt nicht genau warum
aber irgendwie packt dich die neugier
Der Himmel ist blau
Und der Rest deines Lebens wird schön

Da oeffne ich die Augen und die Decke des schaebigen Wagons ist auf einmal in Regenbogenfarben getaucht.

Du hast kein klares Ziel
aber millionen Möglichkeiten
Ein gutes Gefühl und du weisst
es wird gut für dich ausgehen

Der Himmel ist blau
Der Himmel ist blau

Die Welt gehört dir
Was wirst du mit ihr machen
Verrate es mir
Spürst du wie die Zeit verrinnt

Jetzt stehst du hier
und du hörst nicht auf zu lachen
Die Welt gehört dir
und der Rest deines Lebens beginnt

Einfach nur toll. Ein kleines Zeichen, dass ich hier einfach richtig bin, und so fuehle ich mich auch. Hier hin zu kommen, war glaube ich genau die richtige Entscheidung. Ich bin sicher, hier kann ich viel lernen - nicht nur Spanisch. (in wissenschaftlicher Neugier hat mich dann doch interessiert, wie dieses Phaenomen zustande kam, und ich vermute dass die Sonnne vom Wagonfefnster reflektiert wurde auf den neben uns stehenden Zug, der an seiner Seite wiederum einen reflektierenden Streifen hatte, wie man ihn z.B. von Schulranzen kennt. Der muss das Licht dann wieder nach oben reflektiert haben an unsere Wagondecke...)

Als ich dann nach Hause kam, wartete Marta schon ganz aufgeregt auf mich. Sie hatten schon den ganzen Tag versucht mich zu erreichen (vielleicht sollte ich mich doch mal darum kuemmern, warum mein Handy hier mit der Argentinischen Prepaid-Card nicht funktioniert). Und zwar ist es wohl so, dass in Merlo (da wo ich gestern war) und Castello aufgebrachte Wanderarbeiter Kisoke gepluendert, den Bahnhof (noch etwas mehr) verwuestet und in Merlo sogar den ganzen Zug angezuendet haben, wohl weil sie so aufgebracht ueber den Totalausfall waren. Genau da angezuendet, wo ich gestern noch den Sonnenuntergang fotografiert habe (siehe unten). Ich bin da wohl nur nicht reingeraten, weil Alberto und ich uns so schnell einen Bus gesucht haben, der das ganze Theater (inklusive Strassenschlachten usw) umfahren hat. Sowas scheint hier aber auch die Ausnahme zu sein, also keine Sorgen ;)
Weiter gehts!!

Donnerstag, 4. September 2008

Tengo 22 anos y todavia tengo que ir a escuela....




Heute ist Mittwoch, der dritte Tag meines Spanischkurses beim "International Bureau of Language" in BA. Ich bin eigentlich recht zufrieden. Ich habe fuer die eine Woche jetzt 150US$ bzw 450$ bzw 100 Euro bezahlt, meiner Meinung nach fuer Unterricht in einer 6er-Gruppe durchaus ein annehmbarer Preis. Das Buch das wir bekommen haben ist auch sehr gut und mit den vielen Erklaerungen und Tabellen auch zur eigenen Vertiefung bzw Wiederholung auch sehr gut geeignet. Die Gruppe ist ausserdem sehr nett, ein hollaendischer Jung-Anwalt, der seinen Job geschmissen hat weil er ihm zu langweilig war, ein genauso junger Englaender, der in irgendeiner Behoerde gearbeitet hat und aus denselben Motiven hingeschmissen hat, eine Schwedin, ein US-Rentner der eigentlich in Mexiko seit 2 Jahren Motoraeder vermietet aber noch kein Wort Spanisch kann und das jetzt hier lernen moechte zwischen seinen ausgedehnten Motoradtouren, und eine andere Deutschen aus Heidelberg die ein Semester Praktikum in der Umwelt- und Stadtplanungsbehoerde von BA macht. Eine sehr bunte Gruppe, und wir verstehen uns sehr gut.



Heute waren wir dann auch nach dem Unterricht in einem "restaurante aleman" (mit dem phantasievozu Mittag essen, weil Doug (so heissen auch nur Amis..) gerne da hin wollte, und Astrid und ich konnten natuerlich als echte Experten die "Deutschigkeit" kritisieren. Da gabs allerdings auch viel zu kritisieren.. die miserable Uebersetzung der Speisekarte war ja noch unterhaltsam. Weniger lustig war, was sich Argentinier offenbar unter deutscher Kueche vorstellen: Simpel, Fett, Viel. Eigentlich sehr argentinisch. Vielleicht war das Lokal deshalb auch so voll. Hier kennt man naehmlich auch weder Salat noch Gemuese, und als ich erzaehlt habe dass wir in Deutschland auch Gemuese grillen und nicht nur halbe Schweine (siehe rechts), hat man mich angeguckt als kaeme ich vom Mond (oder aus Chile) - und dann versucht mir zu erklaeren was ein Grill ist weil man dachte ich haette das Wort vielleicht falsch verstanden.

Naja. Nach dem Essen bin ich mit Astrid noch ein bisschen durch BA gebummelt, und danach mit Thomas durch Merlo, dem naechstgroesseren Stadtteilzentrum hier im Barrio.
Dort bin ich auch auf folgendes Schaufenster gestossen, dass zu einem sehr sympathischen Lokal gehoert in das ich bei Zeiten auf jeden Fall einkehren muss:
(Damit nicht-Spanisch-Insider mitlachen koennen: BENJAMIN: Mittwochs fuer Frauen 20% Rabatt)

Ich wuerde mal sagen: Ohne Worte!

Als kleines Extra-Schmankerl gibt es auch noch die versprochenen Videos von der kleinen deutsch-spanischen Gesangssessio. Muss jetzt schluss machen, gibt Essen! Tschau!




Mittwoch, 3. September 2008

Pais y Gentes

Hmmmm wo fang ich an?! Ich muss mich kurz fassen. Eigentlich muesste ich einmal ausfuehrlich meine Gastfamilie und mein Haus etc. vorstellen... ich versuche das so bald wie moeglich zu machen!

Da aber sonst so viel ist, verschiebe ich das, OK?



Zuerst mal war ich mit Franco bei seiner Firmgruppe. Die wird von Marcello gemacht, einem 20-jaehrigen Jura-Student der hier unheimlich viel macht. Ein cooler Typ. Erinnert mich sehr an mich selber als ich selber meine Firmgruppe hatte. Und es ist wirklich erstaunlich, wie aehnlich sich Firmgruppen hier und in Deutschland sind. Bis auf die Sprache absolut austauschbar. Marcellos "Gennteeeeeee" ("Leutteeeeeee") ist sogar bis in den Tonfall identisch mit der deutschen Ermahnung, dem Thema der Stunde wieder mehr Beachtung zu schenken *gg* Trotzdem gibt es Unterschiede. z.B. organisieren sich die Jugendlichen hier selbststaendig (Hauptamtliche gibt es kaum) zu Missionen in ihrem Barrio. Was das genau ist, weiss ich noch nicht, aber sie gehen dabei auch wirklich durch die Manseras (Bloecke) von Haus zu Haus... beeindruckend. Mal sehen.



Schon gesehen habe ich den wichtigsten Marienwallfahrtsort in der Naehe, Lujan. Eine huebsche Neugotische Basilika (innen geschmueckt in den Landesfarben und mit interessanten Assecoires) beherbergt eine typisch geschmeuckte Statue die vor der Kirche in millionenfacher Miniatur verscherbelt wird. Allerdings beweisen die Argentinier dabei wenigstens etwas mehr Geschmack als die Italiener, das muss man ihnen lassen. Trotzdem ist diese Marienfroemmigkeit mir immer noch sehr fremd. Die ganze Spiritualitaet hier scheint mir sehr darauf ausgerichtet zu sein. Maria, Josef, Jesus, das goettliche Familienidyll. Naja. Voellig ausgeklinkt habe ich mich, als nach der Messe in Lujan die Gemeinde auf Aufforderung des Priesters der Jungfrau fuer die schoene Messe (oder so) applaudierte o_0

Naja.











Es hat sich so viel angehaueft weil seit dem letzten Eintrag ein paar Tage vergangen sind (Z.b. verschiebe ich den Bericht ueber meinen Sprachkurs der seit Montag laeuft mal auf morgen..), was wohl daran liegt dass ich mir noch etwas schwer tue damit, einfach zu Daniel rueberzumarschieren und mich im Wohnzimmer an ihren PC zu setzten und zu schreiben waehrend die Familie der Hoeflichkeit halber daneben sitzt und mir ab und zu einen Mate anreicht.

Das Zeug is uebrigens total geil, ich werde auf jeden Fall die Utensilien und ein Kilo "yerba" von hier mitbringen. Mate ist das Nationalgetraenk Argentiniens, eine Art Tee ("yerba"), der im Mate (das ist das Gefaess, traditionellerweise ein ausgehoelter Kuerbis) mit heissem Wasser ausgegossen wird - fuer die Softies mit ein bisschen Zucker. Mate wird immer in Gemeinschaft getrunken, d.h. der Gastgeber bereitet nacheinander jedem Gast einen Mate zu, es geht immer im Kreis. Wie Shisha. Nur gesuender (schaetze ich), und weniger Potential fuer haessliche Brandflecken. Auf jeden Fall macht Mate wach, stillt den Hunger, und wenn es im Sommer dann so heiss wird, ist es ja auch gut etwas heisses zu trinken. Und Mate gibts wirklich immer und ueberall wo man hinkommt.



So. Soweit zum Mate. Wenn ich ueber jedes interessante Detail des Lebens hier so viel schreibe, muss ich hier wahrscheinlich uebernachten. Deshalb habe ich mich entschieden, auch ohne aktuellen Anlass immer mal wieder Exkurse zu schreiben, z.B. ueber das Barrio, wie es aussieht, wer hier lebt usw, ueber das Essen, den Muell, ueber den Verkehr (v.A. die Autos) usw.

Wer irgendwelche Fragen hat kann sie gerne stellen, ich recherchiere dann ;)



Also, ich bin gespannt was euch interessiert! Bis dann!