Montag, 29. September 2008

Hilfe, ich wurde überfallen und habe nichts mitgekriegt

Tja, jetzt kommt so eine typische Benni-Geschichte wo man nicht weiß ob man jetzt lachen oder weinen soll. Also, ich wurde tatsächlich überfallen. Ich war am Freitag in Buenos Aires und mit Astrid und ihren WG-Kollegen dann im "Museo", einer großen und bekannten "Boriche". War auch ganz nett, aber ich bin einfach kein Disco-Mensch. War am Ende natürlich heiser vom Reden.. dass man das in einer Disco einfach nicht macht, werde ich wohl nie verstehen. Zu fünft waren wir leider zu viele für ein Taxi, und deshalb haben Astrid und ich beschlossen, die 6-8 Quadras zu Fuß zu gehen. Dass das Mueseo nicht im besten Viertel lag, wussten wir, aber die paar Quadras.. naja. Wir haben uns unterhalten, und ich war gerade mitten im Erzählfluss, als von der anderen Straßenseite kommend sich uns ein Mann in den Weg stellte und irgendwas von "plata" brabbelte. Da es das einfachste und beste ist, Bettler, Straßenhändler oder Dealer (die Grenzen sind fließend), einfach zu ignorieren und ihnen deshalb nie in die Augen zu schauen, habe ich einfach im gehen weitergeredet. Der andere hat natürlich auch weitergebrabbelt, wovon ich aber natürlich gar nichts verstanden habe weil mein Hirn (nicht nur um 6 Uhr morgens) einige Zeit braucht, um von Deutsch auf Spanisch umzuschalten. Als er mich dann am Arm packte, habe ich ihn höflich, aber bestimmt mit "no, no, gracias" abgewimmelt und weitergegangen, und der Typ trollte sich zurück auf die andere Straßenseite. Dass der Typ wohl in der Zwischenzeit ne Waffe gezogen hatte, hat mir Astrid erst hinterher gesagt. Und dass er "plata" - was so viel heißt wie "Kohle" haben, und nicht er nicht "pacco" - eine miese Unterschichtdroge - verkaufen wollte, wurde mir dann auch klar. Ich habe dann aber eingewandt, wenn der Typ wirklich ne Waffe gehabt hätte, hätte er sich doch nicht so einfach mit einem "no, gracias" abspeisen lassen, woraufhin Astrid mutmaßte, die Waffe sei wohl nicht echt gewesen, so wie der damit rumgefuchtelt hätte, sei sie ihr viel zu leicht erschienen. Was einem so alles entgehen kann wenn man sich gerade unterhält. Vermutlich war der Typ in der Situation einfach genauso überrascht und verblüfft wie ich hinterher. Ich stelle es mir auch recht frustrierend für einen Kriminellen vor, einfach ignoriert zu werden. Andererseits könnte solcher Frust auch leicht in Wut umschlagen, und wenn die Waffe doch echt gewesen wäre... so what? Soll ich mir die Masche patentieren lassen oder mich besser (aus Vorsicht vor mir selbst) nicht mehr auf die Straße trauen?

Ich möchte zu meiner "Verteidigung" noch auf folgendes Hinweisen: Ich war stocknüchtern (weiß selbst nicht genau, warum), aber es war 6 Uhr morgens. Beim ersten und einzigen abschätzenden Blick auf den Typ der im Weg stand und irgendwie an seinem Hosenbund rumfummelte, habe ich wirklich nur "Perverser, Dealer (die transportieren ihr Zeug nämlich auch gern in der Hose), oder total boracho" gedacht. Dass der Kerl ein Gangster sein könnte, ist mir echt nicht in den Sinn gekommen. (Vielleicht ist aber auch genau das das Problem, und ich halte die Welt insgesamt einfach für viel zu gut..). Ich würde aber jetzt trotzdem mal vermuten, dass, wenn der Typ wirklich ein Gangster gewesen wäre, mich doch die ganze Körpersprache alarmiert hätte, und ich hätte nicht nur einfach etwas benebelte Nervosität im Blick registriert. Der Typ war einfach nicht ..gefährlich! Trotzdem ist das reichlich optimistisch gedacht und mir ist schon klar, dass ich das ganze irgendwo unter der "Wunder"-Kategorie verbuchen muss. Obwohl es tatsächlich auch kein Drama gewesen wäre, ausgeraubt zu werden. Ich hatte kein Handy, keine Kamera, keine Papiere, nur meinen monerero (Münzbeutelchen) mit ca. 15 Peso dabei. Den einzelnen 100-Peso Schein hinten in der Arschtasche hätte ich wahrscheinlich sogar behalten können. Gut, für Astrid wärs ein bissle ärgerlicher gewesen. Aber auch kein Weltuntergang. Denn dass ein Überfall theoretisch immer möglich ist, ist hier schon klar. Ich achte sonst auch wirklich sehr auf meine Umgebung, wenn ich z.B. alleine vom Bahnhof nach Hause unterwegs bin, gehe mal schneller, mal langsamer, biege unterschiedlich ab. Ich bin auf jeden Fall froh und dankbar, dass alles so glücklich gelaufen ist. Und die Chancen stehen gut, dass auch das nächste Mal - wenn es eins geben sollte - alles relativ glimpflich abläuft, denn von den vielen Leuten die Astrid kennt oder von denen sie gehört hat, dass sie ausgeraubt wurden, ist keinem irgendwas passiert. Also: todo bien, und ich hoffe ihr hattet auch ein bisschen Spaß mit der Geschichte, von der ich mich wirklich ernsthaft gefragt habe, ob man sowas überhaupt erzählen kann.. ist schließlich schon etwas strange o_0

Geschlafen habe ich dann auch nicht mehr, da ich um 7 Uhr eh zurückfahren musste weil um 9.30 ein Firmlingswochenende in der örtlichen Franziskanerabtei losging. Die zwei Tage waren aber auch wirklich eine tolle und beeindruckende Erfahrung, die mich (zumindest bis 9 Uhr Abends) jede Müdigkeit vergessen ließ, und ich bin wirklich froh, dass ich dabeigewesen bin. Aber davon ein andern Mal, für heute ist schon wieder genug Buchstabensuppe verschüttet.

Also: Kepp on Kerzen-anzünging
Muchas Gracias Muchachos!
Ciao!

PS: Nur falls es jemand entgangen sein sollte - ich hatte nicht darauf hingewiesen - der letzte Eintrag war wieder ein Doppeleintrag aus Tagebucheintrag und Exkurs.

2 Kommentare:

Home-Rade hat gesagt…

Hi Benni,

hast Du schon mal dran gedacht Dein Leben zu verfilmen? Deinen Part könnte Chevy Chase übernehmen, der Räuber wäre dann z.B. Danny deVito oder so...
Mal im Ernst, Dein Schutzengel wird ganz schön strapaziert - vielleicht solltest Du ihm ein bißchen bei der Arbeit helfen und auch besser auf Dich aufpassen, z.B. ein zweites Taxi nehmen...!
Noch was: Du wolltest was faxen und wir wollten telefonieren. Funzt eigentlich Deine argentinische Prepaidkarte jetzt oder bist Du auf der alten Nummer SMS-empfangsbereit?
Was macht Dein Fahrradkauf?
Gruß

Paps & Mom

iina hat gesagt…

typisch...?!
Gruß aus Berlin
Thomas u Ina