Mittwoch, 29. Oktober 2008

Taizè auf Argentinisch

Gestern habe ich mit Franko Thomas in der Gemeinde besucht, in der er für zwei Wochen leben wird. Sie liegt in Süd-Moreno in einer durchschnittlichen bis armen Gegend. Er hat dort eine andere Deutsche kennengelernt, Franziska aus der Diozöse Rottenburg-Stuttgart glaube ich. Franzi hat 2005 schonmal ein Jahr in Argentinien in dieser Gemeinde gearbeitet und ist jetzt nochmal für drei Monate auf Besuch, und lebt bei Christina, die hauptamtlich für das Bistum Rottenburg-Stuttgart arbeitet, deshalb deutsches Gehalt in Peso kassiert und deshalb materiell natürlich recht gut gestellt ist. Naja. Wie wir deutschen so sind, finden wir Taizé ja ganz toll, und wenn die ungebildeten Wilden das hier nicht kennen - nun, dann wirds ihnen eben beigebracht, wie man richtig "teseht". Wahrscheinlich war die Idee, das 10-jährige Bestehen der Gemeinde in einem Zelt statt in der Gemeindekirche zu feiern, auch eine Deutsche. Dass direkt in der ersten Nacht alles elektronische Equipment aus dem Zelt geraubt wurde, ist allerdings ein hoher Preis für den durchaus anerkennenswerten Symbolgehalt.
Gut, nun kommt es beim deutsch-argentinischen Kulturtransfer jedoch zu.. Miss-Verständnissen, die dann ungefähr so aussehen: Während die deutsche Idee von einer pilgernden Zeltkirche sicherlich in der Idee von Einfachheit, Armut und der Konzentration auf das wesentliche gründet, ist die argentinische Interpretation bunt bis grell und trägt eine goldene Krone: Maria (diesmal von Itati), die natürlich wieder mit einer lebensgroßen Statue vertreten war. Neben der Statue des Pfarrheiligen St. Martin de Porres (St. Martin für Arme *fg*) und einer anderen Heiligenstatue (der hl. Langobardus..?), eine goldene Marienikone und einem riesigen Plakat des ersteren Heiligen suchte man ein Kreuz oder Christusbild dann aber auch vergebens, und auch die orangen Taizé-Tücher konnten diese Schieflage nicht mehr ausgleichen. Franzi sagte mir später, das Taizékreuz und die Christusikone seien von den Leute, die das Equipment für das Gebet geholt haben, einfach vergessen worden. Naja, shit happens. Für diesen Ausdruck muss ich mit Franko übrigens mal dringend ne Übersetzung suchen.. solche Transfers von "feststehenden Ausdrücken" sind sehr unterhaltsam, so sagen zum Beispiel die Argentinier wenn sie Hunger haben "mi pica el bagre", was mehr oder weniger "Mich beißt der Barsch" bedeutet. Merkt euch das, sowas geht 1:1 in meinen deutschen Wortschatz über ;)
.
Das eigentliche Taizégebet war dann aber eigentlich ganz schön. Es waren ca. 50 Leute da, womit das Zelt recht gut gefüllt, und wohl deshalb für die extra gekauften Taizé-Teppiche kein Platz mehr war. Allerdings ist Taizé hier nicht für Jugendliche, sondern für alle - weshalb dann auch recht wenige Jugendliche da waren. Alle andern haben allerdings nach einer kurzen Einführung alle Lieber, die übrigens sämtlich auf spanisch umgedichtet waren, engagiert mitgesungen, d.h. gegröhlt, was natürlich nicht ganz der Kern der Spiritualität von Taizé ist. Das andere Kennzeichen, die Stille, ist für Argentinier vielleicht noch schwieriger zu verstehen. Ich glaube, Argentinier haben ein bisschen Angst vor der Stille. Und was macht man, wenn man sein Unbehagen über die plötzliche Abwesenheit von Schallwellen aus Richtung des Altars vertreiben will..? Richtig, man erzeugt selber welche, d.h. man unterhält sich z.B.. Nach einiger Zeit hat es aber recht gut funktioniert, und nur noch die spielenden Kinder und die nahe Straße konnten die tiefe Innerlichkeit beeinträchtigen, die sich im Zelt ausbreitete.

Trotzdem war es sehr schön, und wir fünf (Franko, Ich, Thomas, Franzi und Melissa, eine Freundin von Franzi noch aus der Zeit ihres ersten Aufenthalts) hatten viel Spaß.

Keine Kommentare: